Räum- und Streupflicht: Nur unentbehrliche Fußgängerüberwege müssen gestreut werden

Mit dieser Entscheidung wies das Oberlandesgericht (OLG) Thüringen die Klage eines Fußgängers gegen eine Gemeinde zurück, der abends gegen 23 Uhr zu Fall gekommen war. Er hatte nicht den Fußweg, sondern die angrenzende Fahrstraße benutzt, da das von Anliegern auf dem Fußweg gestreute Sägemehl wieder nass geworden und überfroren war. An dieser Stelle herrschte wie im gesamten Gemeindegebiet schon tagsüber Regen, der ständig überfror. Nach Ansicht des OLG könne die Gemeinde für den durch den Sturz entstandenen Schaden nicht schadenersatzpflichtig gemacht werden. Unabhängig davon, dass angesichts der Wetterverhältnisse das Streuen unmittelbar vor der Unfallzeit wenig sinnvoll und schon gar nicht Erfolg versprechend gewesen wäre, hätte auch eine zur Tageszeit vorgenommene Streuung den Unfall nicht verhindert. Eine Räum- und Streupflicht bestehe in zeitlicher Hinsicht in der Regel nur für die Zeit des Hauptberufsverkehrs und - an Feiertagen - für die Dauer des normalen Tagesverkehrs. Bei extremen Witterungsbedingungen bestehe eine Streupflicht erst ab dem Zeitpunkt, wo Streumaßnahmen überhaupt sinnvoll seien. Dies sei in der Regel der Zeitpunkt, in dem sich das Wetter wieder beruhigt habe. Im Übrigen habe keine Räum- und Streupflicht der Gemeinde gegenüber dem Fußgänger an der konkreten Unfallstelle bestanden. Zwar werde der Fahrweg an der betreffenden Stelle auch von Fußgängern benutzt. Daraus rechtfertige sich aber noch nicht die Annahme einer Streupflicht der Gemeinde auch gegenüber diesen Fußgängern. Selbst wenn der angrenzende Fahrstraßenbereich als An- und Abweg genutzt werde, bestehe doch die Möglichkeit des Zugangs über den angrenzenden Fußweg. Bestehe aber ein solcher Fußweg, sei allenfalls dieser zum Schutz des Fußgängerverkehrs zu bestreuen. Hinsichtlich des gesamten Fußgängerwegs sei aber die gemeindliche Streupflicht auf die Anlieger übertragen gewesen. Schutzmaßnahmen der Gemeinde an dieser Stelle hätten gegenüber dem Fußgängerverkehr daher gerade nicht bestanden.

OLG Jena, Az. 4 U 793/04