Es gibt keinen Grundsatz, nachdem das Nichtbeachten des Rotlichts einer Verkehrsampel stets als grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles anzusehen ist.
Im vorliegenden Fall befasste sich der BGH mit der Klage eines Versicherungsnehmers gegen seinen Kasko-Versicherer. Der Kläger befuhr mit seinem Pkw eine weitläufige Kreuzung, obwohl die für ihn maßgebliche Ampel rot zeigte. Er stieß mit einem von rechts kommenden Fahrzeug zusammen. Der Kasko-Versicherer vertrat die Auffassung, der Kläger habe den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt. Der Kläger wandte ein, er könne sich seinen Irrtum nur so erklären, dass er das Umschalten eines anderen Elements der Ampelanlage missgedeutet hatte.
Der BGH wies die Revision des Vollkasko-Versicherers, mit dem er die Klage zu Fall bringen wollte, ab. Das Nichtbeachten des roten Ampellichts wird wegen der damit verbundenen erheblichen Gefahren zwar in aller Regel als objektiv grob fahrlässig anzusehen sein. Nach den jeweiligen Umständen kann es jedoch schon an objektiven oder subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit fehlen.
Dies kann der Fall sein, wenn die Ampel nur schwer zu erkennen oder verdeckt ist und bei besonders schwierigen, insbesondere überraschend eintretenden Verkehrssituationen. Eine Beurteilung als grob fahrlässig kann auch in Betracht kommen, wenn der Fahrer zunächst bei rot angehalten hat und dann in der irrigen Annahme, die Ampel habe auf grün umgeschaltet, wieder angefahren ist. (OLG Jena, VersR 1997, 691)
Deshalb ist bei der Würdigung auf die besonderen Umstände des Einzelfalls abzustellen und es lassen sich nur mit großen Vorbehalten allgemeine Regeln darüber entwickeln, wann eine unfallursächliche Fahrlässigkeit als grobe zu qualifizieren ist.
BGH, Urteil vom 29.01.2003 , Az. IV ZR 173/01